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Zug der Erinnerung
Ein Projekt deutscher Bürgerinitiativen

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Was Reich-Ranicki nicht erwähnte

 

Adolf Gerteis (dritter von links mit herabhängendem Ehrensäbel) war "Generaldirektor" des "Reichsbahn"-Ablegers "Ostbahn". Er ist für die Millionendeportationen der "Ostbahn", deren Opfer auch die ins "Reich" verschleppten polnischen Zwangsarbeitskräfte waren, voll verantwortlich und stieg bei der Deutschen Bahn (DB) in höchste Positionen auf, ohne je belangt zu werden.

Adolf Gerteis persönlich kümmerte sich um den Einsatz jüdischer Arbeitskräfte bei der "Ostbahn". Wie es in einem Wortprotokoll von Gerteis aus dem Jahr 1942 heißt, beschäftigte "die Ostbahn 24 000 Juden, die man bis zum Winter benötige". Damit war das Schicksal der 24 Tausend besiegelt: Nach dem avisierten Zeitraum konnten sie der Vernichtung anheim gegeben werden. Gerteis stand mit dem "Reichsführer SS", dem Massenmörder Heinrich Himmler, in Verbindung, um sich weitere Arbeitskräfte zu sichern oder abzustoßen. In einem anderen Schreiben von Gerteis geht es um "8568 Juden". Weitere 15.383 jüdische Arbeiter, so Gerteis, "werden in geschlossenen Lagern gehalten", was sich für die Arbeitsdisziplin als ganz besonders günstig erweise, da "tagelanges Fernbleiben von der Arbeit" oder ähnliche "Schwierigkeiten" "fast ganz fortfallen". Diese "besondere Sorte Arbeitskräfte" "spielt(e)" 1944 "keine Rolle mehr", umschreibt eine Selbstdarstellung der "Ostbahn" den von Gerteis und seinen Mittätern betriebenen Handel mit dem Leben Zehntausender: 1944 waren die jüdischen "Ostbahn"-Arbeiter bereits ermordet worden oder das Ende stand ihnen wegen Krankheit oder Erschöpfung bevor.

Bei der von Adolf Gerteis geführten "Ostbahn" handelt es sich um ein industrielles Mordwerkzeug ungeheuren Ausmaßes. Die "Ostbahn" unterstand dem Reichsverkehrsministerium. Erbin ist das Bundesministerium für Verkehr Bau und Stadtentwicklung in Berlin.

Eine angemessene historische Darstellung der "Ostbahn", ihrer Täter, deren Nachkriegskarrieren und Pensionen fehlt in der deutschen Wissenschaftsliteratur völlig und ist einer bis heute andauernden Erinnerungsabwehr anheim gefallen.

Auszug

Reich-Ranicki: "Die Aussiedlung hatte nur ein Ziel: den Tod"

"In den frühen Nachmittagsstunden sah man, daß die Miliz, so eifrig sie sich darum bemühte, nicht imstande war, die von der SS für diesen Tag geforderte Zahl von Juden zum 'Umschlagplatz' zu bringen. Daher drangen ins Ghetto schwerbewaffnete Kampfgruppen in SS-Uniformen – keine Deutschen, vielmehr Letten, Litauer und Ukrainer. Sie eröffneten sogleich das Feuer aus Maschinengewehren und trieben ausnahmslos alle Bewohner der in der Nähe des 'Umschlagplatzes' gelegenen Mietskasernen zusammen.

In den späteren Nachmittagsstunden des 23. Juli war die Zahl der für diesen Tag vom Stab "Einsatz Reinhard" für den 'Umschlagplatz' angeforderten 6000 Juden erreicht (...) Die SS verlangte von ihm, daß die Zahl der zum 'Umschlagplatz' zu bringenden Juden für den nächsten Tag auf 10.000 erhöht werde – und dann auf 7.000 täglich. Es handelte sich hierbei keineswegs um willkürlich genannte Ziffern. Vielmehr hingen sie allem Anschein nach von der Anzahl der jeweils zur Verfügung stehenden Viehwaggons ab; sie sollten unbedingt ganz gefüllt werden."

Zitiert nach Tagesspiegel vom 27.01.2012